Die Tiefsee: Geheimnisvolle Unterwasserwelt

Wer schon mal im Meer geschnorchelt ist, weiß, dass es knapp unter der Wasseroberfläche hell ist. Doch je tiefer man taucht, umso dunkler wird es. Dort zu überleben ist nicht leicht und trotzdem ist die Welt weit unten im Meer voller Leben. Viele Tiere gibt es nur dort. Das macht die Tiefsee so besonders.

Ewige Finsternis

© naturepl.com / David Shale / WWF

In der Tiefsee gibt es kaum oder gar kein Sonnenlicht mehr. Für viele Forscherinnen und Forscher beginnt sie bereits ab 200 Meter Tiefe. Für andere Expertinnen und Experten beginnt die Tiefsee ab 800 oder 1.000 Meter unter der Wasseroberfläche. Sie reicht, je nach Meer, Hunderte oder Tausende Meter hinab.

Es ist nicht leicht, die Tiefsee zu erforschen. So weit unten im Meer herrscht ein sehr großer Wasserdruck – zu hoch und lebensgefährlich für Menschen. Selbst mit besonderen Tauchanzügen können Menschen nur rund 450 Meter tief tauchen. Darum kommen U-Boote und Roboter zum Einsatz.

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Doch Forschungsreisen in die Tiefsee sind sehr aufwändig und teuer. Also kein Wunder, dass die Tiefen der Meere noch größtenteils unerforscht sind. Durch Bilder, Videos und Proben von bisherigen Tauchfahrten wissen wir aber, dass es dort unten unzählige Tiere gibt, die noch gar nicht beschrieben sind.

Schon gewusst?

Im Jahr 1960 schafften es Jacques Piccard und Don Walsh, als erste Menschen mit dem U-Boot Trieste in den Marianengraben zu tauchen – und zwar 10.910 Meter tief. Das ist eine Strecke so lang wie mehr als 100 Fußballfelder hintereinander.

Abtauchen in die Tiefsee

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Der bis zu 20 Meter lange Pottwal lebt in allen Ozeanen der Welt und schwimmt immer wieder bis 2.000 Meter in die Tiefsee, um dort vor allem Tintenfische zu jagen – auch den großen Riesenkalmar.

Komm, wir reisen hinab zu den Tieren der Tiefsee.

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Riesenkalmar (von 300 bis über 1.000 Meter Wassertiefe)

Er ist der Gigant der Tiefsee, bis zu rund 500 Kilogramm schwer und über 13 Meter lang! Kein anderes Tier hat so große Augen: Sie messen bis zu 40 Zentimeter und sind damit größer als ein Pizzateller.

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Laternenfisch (300 - 1.200 Meter)

Echt praktisch: Der Fisch hat sogenannte Leuchtorgane am Körper, mit denen er sein eigenes Licht macht. Mit seinen großen Augen fängt er auch das kleinste bisschen Licht in der Dämmerungszone ein.

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Koboldhai (30 -1300 Meter)

Dieser Hai kann über vier Meter lang werden, das ist für einen Tiefseefisch richtig groß. Er ist ein sogenanntes lebendes Fossil, denn er hat sich gegenüber seiner Vorfahren vor rund 125 Millionen Jahren fast nicht verändert.

 

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Tiefseekorallen (40 - 2.000 Meter)

Kaltwasserkorallen mögen es kühl und bilden auch weit unten im Meer gigantische Riffe. Im Gegensatz zu ihren farbenfrohen Verwandten im wärmeren Flachwasser sind sie häufig komplett weiß. Doch auch sie sind Lebensraum für viele Tierarten.

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Seefedern (20 - 2.000 Meter)

Sie sehen aus wie Pflanzen, sind aber Tiere. Seefedern werden über einen Meter hoch und ernähren sich von Plankton. Das sind winzig kleine Lebewesen, die im Wasser schweben.

 

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Yeti-Krabbe (2.200 Meter)

Diese Krabbe hat jede Menge Haare an ihrem Körper. Zwischen den Haaren siedeln sich Bakterien an. Ihre Augen sind so winzig, dass sie blind ist. Das ist aber kein Problem, denn sie findet mit ihren Antennen und anderen Sinnen ihren Weg.

Tiefsee-Seestern (ab 2.200 Meter)

Diese Seesterne haben nicht ein, zwei oder drei, sondern sechs bis 18 Arme. Sie gehören zu den Stachelhäutern, denn viele Arten haben Stacheln an ihren langen Armen.

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Buckliger Anglerfisch (100 - 4.500 Meter)

An seinem Kopf sitzt ein langer Fortsatz, der wie eine Angel aussieht. In dessen Spitze leben Bakterien, die leuchten. Damit ist die Angel ein perfekter Köder, um mit dem Licht Beute anzulocken.

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Dumbo-Oktopus (400 - 5.000 Meter)

Kaum ein Tintenfisch lebt so weit unten im Meer wie der Dumbo-Oktopus. Er hat ziemlich kurze Arme, mit denen er über den Meeresboden krabbeln kann.

 

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Seegurke (2 - 10.000 Meter)

Seegurken kommen von flachen Gewässern bis in die größten Tiefen vor. Es gibt mehr als 1.700 Seegurkenarten. Ähnlich wie Staubsauger über den Teppich kriechen sie über den Meeresboden und weiden die oberste Schicht ab.

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Kopfloses Hühnermonster (30 - 9.000 Meter)

Diese Seegurken-Art kann auch schwimmen. Und wird das Kopflose Hühnermonster berührt, leuchtet es. Den Namen bekam das bis zu 25 Zentimeter große Tier von einem Team der US-Meeres- und Ozeanografiebehörde NOAA, das es im Jahr 2017 erstmals filmte.

© WWF

Schon gewusst?

Der Marianengraben ist der tiefste Punkt der Erde: Von der Wasseroberfläche bis zum Meeresboden sind es 11.934 Meter! Der höchste Berg der Welt, der Mount Everest, misst „nur“ 8.849 Meter und würde in dem Graben versinken.

Leben in der Tiefsee

© imago images Ardea

Immer wieder werden in den unteren Stockwerken der Weltmeere bisher unbekannte Arten von Fischen, Krebsen, Quallen und anderen Tieren entdeckt, viele von ihnen mit riesigen Augen und langen Fangzähnen.

Sie sind meistens schwarz, durchsichtig oder rot gefärbt. Denn unten im Meer sieht die Farbe Rot wie schwarz aus. Darum sind rote Tiere im dunklen Wasser nicht zu sehen – auch der Vampirtintenfisch im Bild oben nicht. Die Tiefseebewohner haben sich ganz unterschiedlich an das Leben tief unten im Meer angepasst.

© David Shale

Leben extrem

Ohne Sonne wachsen keine Pflanzen, es ist dunkel und mit rund null bis vier Grad kälter als in einem Kühlschrank. Außerdem ist der Wasserdruck sehr hoch. So nennt man den Druck, den Wasser auf etwas ausübt. Du spürst ihn, wenn du im Wasser nach unten tauchst. Den Wasserdruck in der Tiefsee würden wir Menschen nicht überleben. Denn bei einer Tiefe von 10.000 Metern ist der Druck so groß, als lägen mehr als 100 Blauwale auf deinem Körper.

 

 

© David Shale / naturepl.com

Fressen im Dunkeln

In der Tiefsee ist außerdem die Nahrung knapp. Deshalb arbeiten viele Fische mit Beleuchtung. Der Tiefsee-Anglerfisch zum Beispiel hat sogar eine Art Angelrute auf seiner Stirn, deren Ende leuchtend vor seinem großen Maul baumelt. Er sieht aus wie ein Leckerbissen und lockt kleinere Fische an. Die landen dann prompt im Anglerfisch-Magen.

Andere Arten fressen Reste von Beutetieren, die von oben herunterrieseln. Manche Fische schwimmen nachts zum Fressen in höhere Bereiche des Meeres. Geht die Sonne auf, tauchen sie wieder ab, bevor sie von Fressfeinden gesehen werden.

 

Der Schwarze Drachenfisch hat zum Anlocken der Beutetiere einen leuchtenden, wurmähnlichen Köder an seinem Kinn hängen.

© Oliver Scholey / Silverback / Netflix

Im Dunkeln leuchten – wie geht das?

© GettyImages

Hier ein Lichtblitz, dort schon wieder einer ... In der Tiefsee ist es nicht immer stockdunkel. Viele Bewohner bringen Licht in die Finsternis, indem sie leuchten, so wie dieser Viperfisch. Das nennt man Biolumineszenz und die funktioniert ähnlich wie bei den Glühwürmchen: Durch eine chemische Reaktion entsteht Energie in Form von Licht. Manche Tiere leuchten selbst, andere haben leuchtende Bakterien in sich.

Viele sind klein, nur wenige groß

© imago images / Ardea

Im Vergleich zu ihren Verwandten weiter oben im Meer sind viele Tiefseebewohner ziemlich klein. Die meisten messen weniger als 30 Zentimeter. Ein möglicher Grund dafür ist, dass sie wenig Nahrung finden.

Es geht in manchen  Fällen aber auch anders herum: Manche Arten sind viel größer als ihre Verwandten weiter oben! Wie zum Beispiel die Riesenasseln. Sie können bis zu 50 Zentimeter lang und 1,7 Kilogramm schwer werden – das ist 200-mal mehr als Kellerasseln an Land.

Was sind die Schwarzen Raucher?

© MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften

Dringt am aktiven vulkanischen Meeresboden kaltes Wasser durch Bodenrisse ins Erdinnere, wird es dort stark erhitzt auf über 400 Grad Celsius. Außerdem wird es mit vielen gelösten Mineralen aus dem darunter liegenden Magma angereichert. Dieses heiße Wasser wird dann nach oben ins kalten Meerwasser ausgestoßen und sieht dann aus wie eine Rauchsäule.

Durch das rasche Abkühlen im kalten Meerwasser flocken die Minerale aus dem Wasser aus und lagern sich am Meeresboden ab. Dort bilden sie im Lauf der Zeit bis zu 25 Meter hohe kaminartige Schlote aus Mineralen wie Kupfer, Eisen, Mangan oder Zink. Das sind die Schwarzen oder Weißen Raucher (je nach Mineralen). Mehrere Raucher zusammen sind ein Hydrothermalfeld.

© NOAA

In ihrer Umgebung tummeln sich viele Bakterien, die für einige Tiefseetiere eine wichtige Nahrungsquelle bilden. Deshalb leben dort unzählige Arten. Manche dieser Artenen leben nur dort, darunter der Riesenröhrenwurm Riftia. Er wird bis zu 3 Meter lang.

Tiefsee in Not

Manches, was über der Wasseroberfläche passiert, hat sehr schlimme Folgen für die Welt weit unten im Meer.
© AFMA

Überfischung

Manche Fischer werfen ihre Netze hunderte Meter tief in die Meere und erwischen dabei auch Tiefseetiere. Doch die bekommen seltener Nachwuchs und wachsen langsamer als Tiere, die weiter oben leben. Werden also zu viele Tiefseebewohner einer Art gefangen, kann sich ihr Bestand nicht mehr erholen.

 

Erderhitzung

Wenn es auf der Erde immer wärmer wird, steigt die Temperatur in den Meeren – auch in der Tiefsee. Das bringt ihre Bewohner in Gefahr, denn die sind an das kalte Tiefseewasser gewöhnt. Durch die Erderhitzung verändern sich auch die Meeresströmungen.

 

© Steve Morello / WWF
© Shutterstock / Rich Carey / WWF

Verschmutzung der Meere

Unzählige Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr in den Meeren. Dieses Plastik sinkt irgendwann in die Tiefsee hinab. Dort wird es von den Tiefseebewohnern gefressen oder lagert sich am Meeresboden ab. Das kann der Tiefsee schaden und die Artenvielfalt zerstören.

So wurde 2020 im Marianengraben in 6.500 Metern Tiefe eine bis dahin unbekannte fünf Zentimeter große Flohkrebsart entdeckt, die bereits ein Mikroplastikfädchen in ihrem Körper hatte. Das Entdeckerteam nannte sie deshalb „Eurythenes plasticus“.

© WWF Deutschland
© Michel Gunther / WWF

Korallenschmuck

Ob als Kette oder Ohrring, viele Menschen stellen aus Korallen Schmuck her. In vielen Urlaubsländern wird solcher Schmuck als Andenken angeboten. Den sollte man nicht kaufen, damit die Bestände von bedrohten Arten, wie den Tiefseekorallen, nicht weiter gefährdet werden. Außerdem ist das Mitbringen vieler Korallenarten verboten.

Bergbau

Unter dem Meeresboden liegen große Erdölfelder. Und auf dem Meeresgrund lagert jede Menge Methanhydrat. Das ist eine Art brennbares Eis, aus dem Energie gewonnen werden kann. Auch Metalle wie Seltene Erden, Kupfer und Platin kommen in großen Mengen in der Tiefsee vor und es wird gerade diskutiert, ob man sie abbauen kann und darf.

 

© United States Coast Guard Transocean

Tiefsee in Gefahr

© GettyImages

Schon die Planung eines Rohstoffabbaus bringt alles im Wasser durcheinander. Sind ständig Schiffe und Tauchroboter unterwegs, stört der Unterwasserlärm die Meerestiere. Das gilt ebenso, wenn Maschinen weit unten im Meer Rohstoffe abbauen. Wird dabei der Meeresboden umgegraben, zerstört dies den Lebensraum vieler Tiere für lange Zeit. Denn die Tiefsee braucht sehr lange, um sich davon zu erholen.

Rohstoffe aus der Tiefe

© WWF International

Schon jetzt dürfen Rohstoffe im Meer abgebaut werden. Gefördert werden Erdöl und Gas oder Sand und Kies, teilweise in über 1.000 Meter Tiefe. Doch manche Firmen wollen noch tiefer gehen. Fachleute haben zum Beispiel schon den Tiefseebergbau rund 4.500 Meter unter der Wasseroberfläche untersucht. Ob ein Abbau von Bodenschätzen dort und noch weiter unten irgendwann erlaubt sein wird, weiß niemand.

© Peter Chadwick / WWF

Der WWF im Einsatz: Unser Plan

© David Shale / naturepl.com / WWF

Es soll so lange kein kommerzieller Tiefseebergbau erlaubt werden, bis dieser sicher ist. Das heißt, Menschen dürfen kein Geld mit dem Rohstoffabbau verdienen, solange er den dort lebenden Tieren und Pflanzen schaden und ihren Lebensraum zerstören kann. Mit diesem Plan ist der WWF nicht allein: Zahlreiche Unternehmen, Naturschutzorganisationen, Wissenschafts-Institute und andere setzen sich mit uns für das Verbot ein.

So wollen wir gemeinsam die Tiefsee vor der Verwüstung durch Rohstoffabbau schützen, um die unglaubliche Artenvielfalt dort zu bewahren, darunter auch diesen Flohkrebs.

Du willst noch mehr über die Tiefsee und ihre Bewohner erfahren?

Für WWF Junior Mitglieder ab 8 Jahren gibt es weitere spannende Tiefsee-Infos im neuen WWF Junior Magazin 3/23.

Schau auf der Weltkarte, wo es überall Tiefsee gibt. Erfahre von WWF-Experte Philipp, warum Tiefseetiere nicht durch den hohen Wasserdruck plattgedrückt werden.

Tauche ab auf unserer Tiefseereise und teste dein Wissen in unserem Tiefsee-Quiz.

 

© WWF + imago Bluegreen Pictures
© WWF + © naturepl.com / David Shale / WWF

Das Magazin für Minis: Entdecke die Tiefsee

Als WWF Junior Mitglied bis 7 Jahre kannst du mit deinem WWF Junior Magazin Mini 3/23 hinabtauchen zu den Tieren, die in völliger Dunkelheit leben..

Schau dir an, wo auf der Welt es überall Tiefsee gibt. Erfahre von WWF-Experte Philipp, warum viele Tiefseefische eine große Klappe haben. Probierr dich an unserer kniffligen Tiefsee-Knobelei, mache die Reise in die Tiefsee auch als Würfelspiel und male mit uns lustige Handkrebse.

Wie sieht dein Handtier aus? Lade dein Bild in unsere Bildergalerie hoch.

 

Vögel richtig füttern