Seepferdchen – die Elfen der Meere

Sie schweben durchs Wasser, haben Augen wie Chamäleons und einen Greifschwanz wie Affen. Das Ungewöhnlichste an Seepferdchen jedoch: Bei ihnen werden die Männchen schwanger. Jetzt wurden wieder einzelne Seepferdchen in der Nordsee entdeckt! Wir wollen wissen, ob es dort noch mehr gibt. Willst du uns bei der Suche helfen?

Der Papa ist die Mama

© IMAGO Bluegreen Pictures

Das ist echt so: Nicht das Seepferdchenweibchen bringt den Nachwuchs zur Welt, sondern das Männchen. Das Weibchen pumpt die Eier in eine Brusttasche an der Bauchseite des Männchens. Dort werden sie vom Männchen besamt und dann ausgetragen.

Das Austragen dauert je nach Seepferdchenart und Wassertemperatur zehn Tage bis sechs Wochen. Danach kommen 100 bis 200 Babys zur Welt, die nur ein paar Millimeter groß sind. Trotzdem schwimmen sie sofort davon, klammern sich irgendwo fest und schnappen kräftig nach vorbeischwimmendem Fressen. Sie werden nach frühestens sechs Monaten geschlechtsreif.

Der Papa kümmert sich auch alleine um die gesamte Brutpflege. Mama besucht ihn aber jeden Tag. Scheint gut zu klappen, denn die meisten Seepferdchenpaare bleiben ihr ganzes Leben lang zusammen. Vielleicht auch, weil sie jeden Morgen zusammen durchs Wasser tanzen, sich dabei an den Schwanzspitzen festhalten und miteinander Kreise drehen.

Schon gewusst?

Auch bei den Seenadeln tragen die Männchen die Babys aus. Kein Wunder: Sie sind mit den Seepferdchen eng verwandt.

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Seepferdchen sind echte Fische

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Seepferdchen sind Knochenfische und gehören zur Familie der Seenadeln. Schwer zu glauben, denn auf den ersten Blick scheinen sie sich total von üblichen Fischen zu unterscheiden. Auch typische Schuppen und ein Fischschwanz fehlen ihnen.

Dennoch: Sieht man genauer hin, entdeckt man wie bei „normalen“ Fischen Kiemen, Brustflossen und eine zierliche Rückenflosse. Die Rückenflosse dient dazu, dass sie aufrecht stehend schwimmen. Und die Brustflossen sehen eigentlich aus wie Ohren. Damit sind sie keine guten Schwimmer. Sie sind die langsamsten Fische der Welt und lassen sich hauptsächlich von der Strömung treiben. Mit ihrem Seepferdchen-Greifschwanz könne sie sich aber auch supergut an Seegräsern und Korallen festhalten.

Wo leben Seepferdchen?

© naturepl.com / Alex Mustard / WWF

Es gibt insgesamt 48 Seepferdchenarten auf der Erde. Immer wieder werden weitere Arten entdeckt, zuletzt das Sodwana-Zwergseepferdchen vor Südafrika 2020.

Viele von ihnen leben im Meer. Einige Arten können aber auch Brackwasser an Flussmündungen vertragen, das ist ein Gemisch aus Süß- und Meerwasser. Am liebsten leben sie in Küstennähe, in der geschützten Umgebung von Seegraswiesen, Korallenriffen oder Mangrovenwäldern – und dort in Wassertiefen von 1 bis 15 Metern. Einige Arten wie das Zwergseepferdchen findet man sogar in Tiefen bis zu 60 Metern.

Die meisten Arten gibt es in der indopazifischen Meeresregion Ostasiens. Seepferdchen leben aber auch im Mittelmeer, Atlantik, Roten Meer und vielleicht sogar wieder dauerhaft in der Nordsee!

Wer ist das Kleinste und das Größte?

Denise-Zwergseepferdchen: Das kleinste Seepferdchen der Welt

© Jürgen Freund / WWF

Das Dickbauchseepferdchen ist das größte Seepferdchen der Welt

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Das Denise-Zwergseepferdchen lebt im Pazifik zum Beispiel vor Indonesien und misst nicht einmal anderthalb Zentimeter. Im Bild sitzt ein Tier in einer Koralle. Mit seinen warzenähnlichen Pusteln sieht das Zwergseepferdchen wie ein Korallenast aus und wird so unsichtbar für Fressfeinde.

Das Dickbauchseepferdchen lebt südöstlich von Australien und um Neuseeland und bringt es auf bis zu 35 Zentimeter.

Was fressen Seepferdchen?

Am liebsten winzigkleine treibende Tiere wie Schwebgarnelen, Flohkrebse und Ruderfußkrebse. Diese Beutetiere saugen die Seepferdchen mit ihrer zahnlosen Trichterschnauze wie ein Staubsauger blitzschnell ein.

Schon gewusst?

Seepferdchen müssen ständig fressen, weil sie keinen Magen haben! Ihre Beute flutscht einfach durch sie und ihr Verdauungssystem hindurch. Seepferdchen haben auch keine Zähne.

© Philipp Kanstinger / WWF

Welche Geräusche machen Seepferdchen?

Nein, sie wiehern nicht. Sie klicken und grummeln. Unter Stress fangen Seepferdchen an zu brummen und zu zittern, vermutlich, um Feinde zu vertreiben. Bei der Balz und auf der Jagd sind unterschiedliche Klicklaute zu hören, mit denen sie sich wahrscheinlich verständigen.

Tarnen und tricksen

© Juliane Blohme WWF-SG

Wie ein Chamäleon kann das Seepferdchen seine Farbe ändern. Vom schicken Seegrasgrün zum kühlen Ozeanblau bis hin zum aktuellen Korallenweiß. Je nachdem, ob sie sich vor Feinde verbergen oder ob sie mit einem Partner schmusen.

Damit ihr Tarnungsauftritt perfekt wird, ahmen sie auch noch die Unterwasserpflanzen in ihrer Umgebung nach: Dafür dienen ihnen die faden- und lappenförmigen Auswüchse ihrer Haut.

Der Körper der Seepferdchen wird außerdem durch einen knöchernen Panzer geschützt. Dadurch sind sie für die meisten Meeresbewohner ziemlich unappetitlich.  

Seepferdchen beherrschen noch einen supergenialen Trick: Sie können ihre Augen unabhängig voneinander bewegen, wie Chamäleons. So haben sie mögliche Beute gut im Blick ohne sich bewegen zu müssen.

Da dürfte ihnen eigentlich nichts passieren, oder?

Leider nicht! Gegen den Menschen helfen keine Tricks

Seepferdchen sind bedroht

© Anja Bertuch / WWF / Multimar-Wattforum

Die Hauptgefahr für Seepferdchen: Millionen von ihnen werden jedes Jahr aus den Meeren gefischt. Vor allem als ungewollter Beifang. Dann werden sie wieder über Bord geworfen – was sie meistens nicht überleben. Seepferdchen werden aber auch gezielt gefischt oder eingesammelt und als getrocknete Souvenirs, als Aquariums-Schmuckstück oder als Medizin verkauft. In der traditionellen chinesischen Medizin werden Seepferdchen zum Beispiel gegen Müdigkeit, Nervosität, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Hautausschläge und Atemwegsprobleme verschrieben.

© Justin Hofman / WWF USA

Ihre Lebensräume, besonders die Seegraswiesen und Korallenriffe, werden oft durch Abwässer verschmutzt. Dazu gehörten auch Düngemittel aus der Landwirtschaft, die im Meer landen. Das traurige Bild mit dem Wattestäbchen hat der Fotograf Justin Hofmann vor der Küste Indonesiens aufgenommen. Das Seepferdchen schwamm in einer Flut aus Müll.

Viele Seepferdchen-Arten sind wegen all dieser Bedrohungen heute gefährdet.

Was der WWF tut

Philipp Kanstinger / WWF

Der WWF setzt sich deshalb weiter dafür ein, dass diese besonderen Tiere besser geschützt werden. Und er kümmert sich darum, dass ihre Lebensräume erhalten werden – die Korallenriffe, Mangrovenwälder und Seegraswiesen.

Außerdem versuchen wir durchzusetzen, den Seepferdchenhandel stärker zu überwachen, damit von einzelnen Arten nicht zu viele weggefischt werden. Der WWF macht sich auch dafür stark, dass endlich kein Plastikmüll mehr ins Meer gelangt.

Hilf mit, Seepferdchen zu finden

Die Sensation: In letzter Zeit werden immer mal wieder Seepferdchen an der Nordseeküste gefunden – zum Beispiel angespült am Strand von Wangerooge und anderen Wattenmeer-Inseln. Dabei galten die niedlichen Tiere in der deutschen Bucht als verschwunden. Das macht Hoffnung und wir wollen mehr herausfinden.

Deshalb hat der WWF mit vielen anderen Organisationen ein Projekt gestartet. Es heißt: Findet das Nordseepferdchen!

Wenn du mit deiner Familie am Wattenmeer unterwegs bist, dann achte mal genau darauf, ob da nicht auch ein Seepferdchen angespült wird.

 

© Jarrett Corke / WWF

Mach ein Foto, am besten mit einer Münze daneben, damit man im Vergleich sieht, wie groß das Seepferdchen ist. Das Foto kannst du dann in einer E-Mail an den WWF schicken. Vergiss nicht, noch das Datum reinzuschreiben, wann du das Seepferdchen gefunden hast.

Wenn das Seepferdchen noch leben sollte, dann setze es am besten wieder zurück ins Meer.

Wenn das Seepferdchen tot ist und du im niedersächsischen Wattenmeer bist, zum Beispiel auf einer ostfriesischen Insel, dann gib das Tier bitte beim örtlichen Nationalpark-Haus ab.

Philipp hat schon viele Seepferdchen unter Wasser beobachtet. Er ist Meeresbiologe und Forschungstaucher beim WWF:

© WWF

"Es ist jedes Mal ein ganz besonderer Glücksmoment für mich, ein Seepferdchen unter Wasser zu finden. Ich finde, sie sehen aus wie von einem anderen Planeten und sind doch trotz ihrer Behäbigkeit unglaublich grazil und elegant. Leider ist die Seegraswiese in Griechenland, wo ich sie früher öfter gesehen habe, verschwunden – und mit ihr die Seepferdchen."

 

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