Moore sind magisch

Stell dir vor, du läufst über einen riesigen Schwamm, der mit Wasser vollgesogen ist. So ähnlich weich und wabbelig fühlt es sich auf einem Moorboden an. Manchmal kannst du sogar darin einsinken. Nicht nur deshalb sind Moore spannend und geheimnisvoll.

Früher verflucht, heute gesucht

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„O schaurig ist’s, übers Moor zu geh‘n“: So beginnt ein 180 Jahre altes Gedicht über einen Jungen, der durch ein Moor nach Hause läuft – immer schneller, um nicht in dessen weichen Boden zu versinken.

Nicht nur deshalb waren Moore damals gefürchtete Gegenden, sondern auch wegen des oft dichten Nebels, in dem man schnell die Orientierung verlor. Und wegen der Irrlichter, die plötzlich aufleuchteten und wieder verschwanden – eine Erscheinung, die sich die Menschen damals nicht erklären konnten (heute schon, lies mal weiter unten).

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Doch man konnte dort Torf gewinnen, ein wichtiges Brennmaterial zum Kochen und Heizen. Und wer die Moore trockenlegte, gewann Ackerboden und Weideland. Deshalb wurde vielen Mooren das Wasser abgegraben und die Flächen umgewandelt. Nur 5 von 100 Mooren in Deutschland blieben übrig.

Heute fehlen uns die Moore: Als Lebensraum ganz besonderer Pflanzen und Tiere, als Wasserrspeicher und immer dringender als Kohlenstoffspeicher, um die Erderhitzung abzubremsen. Drei gute Gründe also, um die letzten Moore zu schützen und wieder neue entstehen zu lassen.

Im Moor gibt’s Saures

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Moore sind nichts für gewöhnliche Tiere und Pflanzen. Denn Moore sind ganz schön extrem – extrem nährstoffarm und sauer.

Zwar gibt es meist ausreichend Wasser. Doch der durchnässte Boden enthält nur wenige Nährstoffe. Der Grund: Abgestorbene Pflanzen werden im Moor nicht wie im Wald und auf der Wiese von Kleintieren und Bodenbakterien vollständig zersetzt. Stattdessen verfaulen und vermodern sie dort im glitschnassen Boden, bis sie schließlich zu Torf zusammengepresst sind.

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An der Moor-Oberfläche schwanken außerdem die Temperaturen oft sehr stark. In kalten Nächten gefriert das viele Wasser in den Poren des Untergrundes und der Boden erstarrt zu Eis. Tagsüber, wenn die Sonne direkt darauf scheint, heizt er sich auf – im Sommer stellenweise bis zu 40 Grad Celsius!

Das Wasser in den Tümpeln ist außerdem extrem sauer – manchmal fast so wie Essig. Deshalb gibt es dort keine Fische. Auch keine Schnecken, Muscheln und Krebse, denn deren Kalkschalen würden sich darin auflösen. Im Moor sind dafür ganz besondere Pflanzen und Tiere zu Hause, die es nirgendwo anders gibt.

Wer lebt im Moor?

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Die Moorbaumeister: Wie ein Teppich bedecken Torfmoose die meisten Moore. Während sie unten absterben, wachsen sie oben ständig weiter – bis zu 20 Zentimeter im Jahr! Torfmoose können wie ein Schwamm Wasser speichern. Und sie machen das gespeicherte Wasser und damit ihren Lebensraum noch saurer.

 

Torfmoose produzieren unter sich jährlich eine Torfschicht von einem Millimeter Dicke. Auf diese Weise wachsen die meisten Moore ganz langsam in die Höhe. In 1.000 Jahren immerhin um einen ganzen Meter. Wenn du also weißt, wie dick das Moor ist, kennst du ungefähr sein Alter.

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Die Fliegenkleber: Weil der Moorboden so karg ist, lockt der etwa 15 Zentimeter hohe Sonnentau mit einer süßen, klebrigen Flüssigkeit kleine Tiere an. Fliegen oder andere Insekten, die sich davon anlocken lassen, kleben an den Blättern fest, werden eingerollt und bei lebendigem Leib von der Pflanze verdaut. Denn der Sonnentau ist eine Fleisch fressende Pflanze.

Wenn ein Hochmoor sehr sauer und feucht ist, wächst dort auf den Wiesen auch Wollgras. Die bis zu 60 Zentimeter hohe Pflanze umhüllt ihre Samen mit weißen Blütenfäden, die wie Haarbüschel aussehen. Von den 177 Pflanzenarten, die in Deutschland in Mooren hauptsächlich vorkommen, sind weit über die Hälfte gefährdet. 

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Fliegende Edelsteine: In Mooren leben hauptsächlich Spinnen und Insekten, darunter vor allem spezialisierte Käfer, Schmetterlinge und Libellen. Zu den auffallendsten gehören die Frühe Adonislibelle und die Hochmoor-Mosaikjungfer, die mit einer Flügelspannweite von mehr als zehn Zentimetern zu den größten Libellen Europas gehört. Sie legt ihre Eier ausschließlich in die Torfmoose.

Blau und schlau: Zu den raffiniertesten Insekten im Niedermoor gehört der Große Moorbläuling. Der Falter legt seine Eier vorwiegend in die Blüten des Großen Wiesenknopfes. Diese Pflanze wächst nur auf feuchten Wiesen. In deren roten Blüten entwickeln sich die Schmetterlingseier zu Raupen, die dann diese Blüten fressen.

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Größere Tiere der Moore

Birkhähne

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Der Große Brachvogel

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Die Mooreidechse

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Der Moorfrosch

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Die Kreuzotter

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Nur wenige größere Tiere haben sich an das Hochmoor angepasst. Dazu gehören Vögel wie das Birkhuhn und der Birkhahn, das zwischen den Zwergsträuchern brütet und sich vor allem von Insekten und jungen Weiden- und Wollgrastrieben ernährt.

Der Große Brachvogel hat einen langen gebogenen Schnabel, mit dem er im weichen, nassen Moorboden hauptsächlich nach Insekten und Würmern stochert.

Die Mooreidechse legt keine Eier wie bei Eidechsen üblich, sondern bringt lebende Junge zur Welt! Das ist sehr praktisch, weil es im Moor wenig trockene Plätze gibt, an denen Eidechsen ihre Eier ablegen könnten.

Der Moorfrosch fühlt sich im Gegensatz zu anderen Froscharten im sauren Moorwasser richtig wohl. Er gehört zu den Beutetieren der Kreuzotter. Diese 50 bis 70 Zentimeter lange Giftschlange hat ein markantes schwarzes Zickzackband auf dem Rücken.

 

Wie entstehen Moore?

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Vor etwa 12.000 Jahren ging in Europa die letzte Eiszeit zu Ende. Damals zogen sich die Gletschermassen aus dem heutigen Deutschland nach Norden zurück. Unmengen von Schmelzwasser blieben übrig. Ein großer Teil davon versickerte im Boden. In den Senken bildeten sich Seen und Tümpel.

Und weil das Klima wärmer wurde, siedelten sich immer mehr Pflanzen wie Schilf an, die allmählich auch in die Gewässer hineinwuchsen. Starben sie ab, versanken sie im nassen Boden und verfaulten dort langsam, weil sie nicht wie im Waldboden unter freiem Himmel zersetzt wurden. Stattdessen wurden sie zu Torf. So entstanden große Moore.

 

Welche Moore gibt es?

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Wächst ein See allmählich zu, verlandet er und wird zum Niedermoor. Dessen Untergrund aus abgestorbenem Pflanzenmaterial wird vom Grundwasser durchströmt. Dadurch erhält er noch Nährstoffe. Auch das Wasser ist nicht so sauer wie im Hochmoor. Deshalb können hier Bäume wie Schwarzerlen und Weiden wachsen und mehr Tier- und Pflanzenarten leben.

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Wächst ein Moor immer weiter in die Höhe, wird daraus ein Hochmoor. Es gleicht einem sehr flachen, weiten Hügel. Hochmoore werden gar nicht mehr vom Grundwasser durchströmt, sondern nur vom Regenwasser gespeist. Sie kommen daher nur in sehr niederschlagsreichen Gegenden vor. Sie sind sehr nährstoffarm und sauer. Nur hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten können dort überleben.

Schon gewusst?

Die Entwicklung vom Niedermoor zum Hochmoor dauert mindestens einige tausend Jahre.

Wo gibt es noch Moore in Deutschland?

Mehr als zwei Drittel aller ehemaligen Moore in Deutschland werden heute landwirtschaftlich genutzt. Größere intakte Moorlandschaften findest du heute nur noch im Norden Deutschlands wie hier in der Lüneburger Heide und im Alpen-Vorland.

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Was sind Irrlichter?

Seltene, flackernde Lichter, die plötzlich nachts in Mooren aufflammen. Sie sind nur einige Zentimeter hoch und leuchten nur wenige Sekunden. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um phosphor- und schwefelhaltige Faulgase, die bei der Zersetzung von Pflanzen entstehen und sich von selbst entzünden, sobald sie aus dem Boden austreten und mit dem Sauerstoff der Luft in Kontakt kommen.

Moore schützen das Klima

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Moore speichern Biomasse in Form von Kohlenstoff. Sie holen es als Kohlendioxdid aus der Atmosphäre, also der Luft, und speichern es im Moorboden, im Torf. Damit bremsen Moore die Erderwärmung durch Treibhausgase wie Kohlendioxid. Das tun sie noch mehr als Wälder.

Was aber passiert, wenn man Moore trocken legt? Dann zersetzt sich der Torf.

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Dabei gelangt das Treibhausgas Kohlendioxid in die Luft und trägt zur Erderwärmung bei. Warum ist das so? Sobald der Torf austrocknet, greifen bestimmte Bodenbakterien an, zersetzen die Pflanzenreste und erzeugen dabei das Kohlendioxid. Auch beim Verbrennen des Torfs entsteht dieses Treibhausgas.

Wenn man hingegen alte, trockengelegte Moore wieder unter Wasser setzt, stoppt die Torf-Zersetzung! Und nicht nur das. Wenn sich auf diesen Flächen allmählich wieder die moortypischen Pflanzen ansiedeln, die beim Wachsen der Luft Kohlendioxid entziehen (sie brauchen das Gas, um Nährstoffe herzustellen und sich am Leben zu erhalten), kann auch wieder neuer Torf entstehen.

Das bedeutet: Wenn wir ausgetrockenete Moore wiederbeleben, können sie auch wieder Treibhausgase speichern und so das Klima schützen.

Der WWF schützt die Moore

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Schon seit mehr als 30 Jahren setzt sich der WWF dafür ein, dass intakte Moore erhalten bleiben und dass ausgetrocknete Moorflächen in Nord- und Ostdeutschland wieder unter Wasser gesetzt werden. Denn um die globalen Klimaziele zu erreichen, müssen allein in Deutschland jährlich mindestens 50.000 Hektar Moorböden wiedervernässt werden – das ist eine Fläche fast so groß wie der Bodensee.

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In Sebangau auf der indonesischen Insel Borneo hilft der WWF seit Jahren dabei, einen einstigen Torfmoor-Regenwald durch Dämme wieder unter Wasser zu setzen und aufzuforsten.

Auch du kannst den Mooren helfen!

Verzichte auf Blumenerde mit Torf. Kaufe torffreie Erden, die mit Kompost, Rindenhumus und Holzfasern hergestellt werden.

Basteltipp – Bunte Eichelkette
Basteltipp – Tolle Blättertiere